„Weniger Wartezeit für Patienten – mehr Vertrauen in Ärzte“
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute Änderungen für die Erstverordnung von medizinischem Cannabis beschlossen. Sie sollen den Zugang zu Cannabis-Arzneimitteln erheblich erleichtern.
Drei Wochen – so lange dauert es bisher im Schnitt, bis eine Krankenkasse für oder gegen eine Cannabistherapie entscheidet. Denn: Bei der Erstverordnung bedurfte es gewöhnlich einer Genehmigung. Oft geht großes Leid mit dem Warten einher. Zu den Patientengruppen, die mit Cannabis behandelt werden, zählen Menschen mit Krebs, Multipler Sklerose oder chronischen Schmerzen. Je nach Krankenkasse wurden bisher 30 bis 40 Prozent der Anträge abgelehnt. Das führte wiederum dazu, dass immer weniger Verschreibende dazu bereit waren, Anträge bei den Krankenkassen zu stellen. Das soll sich nun ändern, indem Fachärztinnen und -ärzte mit spezieller Zusatzqualifikation selbst entscheiden können und keine Genehmigung für eine Cannabis-Verschreibung mehr benötigen:
- Durch die Entscheidung des G-BA vom 18. Juli 2024 gibt es Ausnahmen vom Genehmigungsvorbehalt.
- Angenommenen wurde der Antrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) mit Patientenvertretern und G-BA (sieben zu sechs Stimmen gegen die Stimmen des GKV-Spitzenverbandes).
- Die Regelung wurde im Rahmen des Lieferengpassgesetzes (ALBVVG, Juli 2023) initiiert und soll sicherstellen, dass THC-Arzneimittel unkomplizierter für Personen verordnet werden können, die sie benötigen – z.B. mit schwerwiegenden Erkrankungen.
- Ärzt:innen mit entsprechenden fachlichen Qualifikationen können medizinisches Cannabis dann ohne vorherige Genehmigung durch die Krankenkassen verordnen.
- Dies betrifft laut Antrag Fachärzt:innen aus den Bereichen: Neurologie, Psychiatrie, Onkologie, Infektionskrankheiten, Gynäkologie, Geriatrie, Gastroenterologie und Allgemeinmediziner, die an der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung (AAPV) teilnehmen.
- Erforderliche Zusatzweiterbildungen stellen sicher, dass Ärztinnen und Ärzte die Cannabistherapie bestmöglich beurteilen können und umfassen laut Antrag u.a.: spezielle Schmerztherapie, Palliativmedizin, Schlafmedizin, Sozialmedizin, suchtmedizinische Grundversorgung, medikamentöse Tumortherapie und Geriatrie.
- Beschlossen wurde zudem eine Evaluation der Regelung nach 15 Monaten (nach Anzahl der Verordnungen nach Facharztgruppen und Anträgen zur Kostenübernahme, Regresse und Prüfverfahren).
Grünhorns CEO und Mediziner begrüßen Entscheidung
„Die Regelung ist ein entscheidender Schritt, um den Zugang zu medizinischem Cannabis für die zu erleichtern, die es benötigen“, sagt Stefan Fritsch, CEO der Grünhorn Gruppe. Grünhorn engagiert sich seit Jahren für die Verbesserung der Versorgung mit medizinischem Cannabis und sieht die Regelung als Teil einer positiven Kehrtwende. „Wir haben aus erster Hand erfahren, wie schwierig es oft war, notwendige Behandlungen zu erhalten. Umso wichtiger ist es, dass nach der Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland nun auch die Regelung für die Verschreibung von medizinischen THC-haltigen Produkten vereinfacht werden. Das heißt weniger Wartezeit für Patientinnen und Patienten – und mehr Vertrauen in die Ärzte“, so Fritsch.
In einigen Fällen sind schwere Schicksale mit der Bürokratie im Erstattungsprozess von Medizinalcannabis verbunden. Als Beispiel nennt Mediziner Dr. Lorenz Eberle einen Fall aus seiner Berufspraxis: „Viele Patienten können es sich nicht leisten, ihre Behandlung selbst zu bezahlen. Ich denke an einen meiner Epilepsiepatienten, bei dem die Cannabis-Therapie sehr gute Erfolge erzielen könnte, aber abgelehnt wurde. Für solche Menschen ist es ein großer Fortschritt, wenn den behandelnden Ärzten mehr Vertrauen geschenkt wird und sie unkompliziert entscheiden können.“
Dr. Eberle weiter: „Wenn der Arzt das Cannabis-Medikament verordnet, soll es die Kasse auch bezahlen. Bei einem Diabetes-Medikament wird auch nicht jedes Mal nachgefragt. Die geplanten Zusatzqualifikationen sind zielführend, damit sich die Fachärzte nachweislich gut mit Cannabis auskennen.“ Wenn es um ernste Erkrankungen geht, bedeutet das Warten eine Zusatzbelastung. Der G-BA Entscheid sorgt für schnellere Prozesse und kann so einen erheblichen positiven Einfluss auf die Lebensqualität vieler Menschen mit ähnlichen Geschichten leisten.
Quellen
https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/1098/
https://www.g-ba.de/downloads/17-98-5451/2023-03-16_FAQ%20Cannabisarzneimittel.pdf
KBV – Kassenärztliche Bundesvereinigung
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2018/04/16/das-koennte-die-krankenkasse-ueberzeugen